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Hermann Rochus Graf zu Lynar (1797-1878)

Die Ära von Hermann Rochus Graf zu Lynar in Lübbenau.

Da Graf Hermann Rochus (1797-1878) noch sehr jung war, führten seine Vormünder die Geschicke der Lynars durch die Wirren der napoleonischen Kriege. Hermann Rochus war zu dieser Zeit noch an die ausschweifenden Lebenswege seiner Mutter Auguste Charlotte gebunden, die als glühende Napoleon-Bewunderin – nach der Trennung von ihrem zweiten Mann – in Paris lebte. Erst 1813 kehrte Auguste Charlotte nach Sachsen zurück und brachte ihren Sohn in Lübbenau unter.

Als Graf Hermann Rochus volljährig wurde, übernahm er die Standesherrschaft in Lübbenau, das jetzt – nach dem Wiener Kongress von 1815 – preußisch war. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte der Neubau des Schlosses anstelle des alten Renaissanceschlosses. 1816/17 wurde die Renaissanceanlage fast vollständig abgetragen und ein Jahr später der Neubau auf den alten Fundamenten begonnen. Die Errichtung erfolgte der damaligen Zeit entsprechend im Sinne der Erneuerung der Antike, nach dem Entwurf des Leipziger Professors Karl August Benjamin Siegel (1757-1832) im Stile des Klassizismus. Die beiden heute noch völlig intakten und im neoromanischen Stil gestalteten Türme an der Rückfront des Schlosses fehlten zunächst noch. Erst 1841 erhielt das Schloss sein endgültiges Aussehen mit dem es bis heute den Lübbenauer Schlossbezirk dominiert. Im Stil vereint es mit seiner dezenten Akzentuierung des Mittelteils den sächsischen Klassizismus mit der preußischen Landbaukunst, die im sparsamen Stil der Fassade zum Ausdruck kommt.

Gegenüber vom Schloss wurde um 1820 die Orangerie errichtet, die ebenfalls nach klassizistischen Bauidealen verwirklicht wurde. Vermutlich wurde dieses Gebäude mit den beiden seitlichen Kuppelbauten und dem durch dorische Säulen auffallenden Säulengang im Zuge des Schlossneubaues miterrichtet. Die Orangerie diente mit ihrem erwärmten Innenraum dem Schutz von Orangen- und Kamelienbäumen, die während des Sommers im Freien standen. Im südlichen Kopfbau wohnte damals der Gärtner.

Auch der Park entstand in dieser Zeit. Er gehört zu den frühen Entwürfen englischer Gartenkunst in der Niederlausitz und wurde im Stil des englischen Landschaftsgartens angelegt. Erste Hinweise auf einen Garten am Lübbenauer Schloss gibt es jedoch schon 1594 – in dem botanischen Werk „Hortus Lusatia“ aus eben diesem Jahr ist von einem Baum- und Küchengarten die Rede. Erst im 19. Jahrhundert erfolgte dann die neue Parkgestaltung im Zuge des Schloss-Neubaus.

Die ersten Entwürfe für die Parkanlage stammten vom Potsdamer Gartendirektor Peter Joseph Lenné, die Detailplanung – zum Beispiel die Umleitung der Spree in den Park sowie die kleinen Anhöhen darin – übernahm Carl August Benjamin Siegel. Umgesetzt wurden diese Pläne unter der Ägide des Cottbuser Gärtners Johan Erdmann Freschke und später von dessen Sohn Heinrich Wilhelm Freschke, der in Branitz bei Hermann Fürst von Pückler seit 1852 in Anstellung als Obergärtner stand. Etwa um 1850 wurden Schlossteiche, Schlossgräben, Wege und Brücken angelegt. Im Verbund mit dem Schloss, der Orangerie, dem Marstall, den Rasenflächen, Baumbeständen, Fließen und Teichen entstand so ein harmonisches Gesamtgefüge inmitten des Spreewaldes.

Mit diesen Bauprojekten erweiterte Graf Hermann Rochus ganz wesentlich das Schlossensemble und verlieh dem Schlossbezirk jenes Antlitz, das ihn bis heute prägt.

Doch er wirkte nicht nur mit seinen architektonischen Bemühungen in Lübbenau. Graf Hermann Rochus galt als streng, aber gerecht und gründete in Lübbenau unter anderem ein Leseinstitut zur Verbesserung der Schulbildung. Bald schon heiratete er Mathilde Gräfin von Voss (1803-1838), die ihm sechs Kinder schenkte, aber bereits mit 35 Jahren starb. Ihr zu Ehren initiierte er den Bau eines Erbbegräbnisses am Lübbenauer Ortsrand im Jahr 1839, in das auch die zurvor verstorbenen Familienmitglieder umgebettet wurden.

Die politische Lage ließ bald dunkle Wolken über Lübbenau und die Lynars ziehen. Als 1848 die bürgerliche Revolution ausbrach, begehrten auch die Lübbenauer gegen ihren Standesherrn auf und forderten das Ende alter Untertandienste sowie anderer Beamten- und Nutzungsrechte. Die Lynars flüchteten zunächst in den Spreewald und fanden in den folgenden Jahren ihre nächsten Aufgaben erst einmal außerhalb Lübbenaus. Als es politisch wieder ruhiger wurde, wurde Graf Hermann Rochus Attaché beim konservativen Abgeordneten und späteren Reichskanzler Otto von Bismarck in Frankfurt am Main. Lübbenau rückte erst 1852 wieder in den Fokus des Grafen, der nun sämtliche Pflichten der ehemaligen Ackerbürger abschaffte und auch den langjährigen Streit um den Bürgerwald beilegte.

1878 starb Graf Hermann Rochus schließlich mit 81 Jahren und wurde im Lübbenauer Erbbegräbnis neben seiner ersten Frau Mathilde beigesetzt.